Drei Viertel der Recruiter:innen klagen über gestiegenen Druck, so der XING-Arbeitsmarktreport 2024. Von vielen Seiten wird uns erzählt, Recruiting sei einfach. Manche Fachabteilungen sind fest davon überzeugt, dass sie das Recruiting selbst übernehmen könnten. Aber ist das wirklich so? Ganz ehrlich: nein! Recruiting ist weit mehr als nur das Verwalten von Bewerbungen. Sehen wir uns an, woher Recruiting an Komplexität gewinnt…

Komplexität von außen: Die Welt verändert sich schneller als je zuvor

So verändert sich auch die Arbeitswelt. Dabei spielen verschiedene äußere Faktoren eine große Rolle:

1. Individualität

Menschen suchen heute nach maßgeschneiderten Jobangeboten, die zu ihrer Persönlichkeit und ihren Lebensumständen passen. Die „one-size-fits-all“ Methode gehört der Vergangenheit an. Kandidat:innen wollen Flexibilität und Angebote, die auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehen. 

2. Konnektivität

Wir sind vernetzt, ständig erreichbar, sitzen im Glashaus. Doch diese ständige Verfügbarkeit führt auch zu einer Überflutung mit Informationen. Recruiter:innen müssen lernen, in dieser Flut gezielt zu handeln. 

3. Freiheit zur Wahl

Das Thema Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Kandidat:innen haben mehr Optionen als früher, und das bedeutet: Wer als Arbeitgeber attraktiv bleiben will, muss sich ins Zeug legen. 

4. Gegentrend „Wir-Kultur“

Während viele nach individueller Freiheit streben, gibt es einen Trend zurück zu mehr Gemeinschaft. Unternehmen, die es schaffen, eine starke, gemeinschaftliche Kultur zu etablieren, haben bei Talenten die Nase vorn. 

5. Wissenskultur

Der Zugang zu Wissen hat sich verändert. Es geht nicht mehr nur darum, was jemand weiß, sondern auch, wie schnell und flexibel Wissen erlernt und angewendet werden kann. Das Recruiting muss sich darauf einstellen und neue Wege finden, um diese Fähigkeiten zu erkennen. 

6. Generationenwandel: Gen Z & Silver Society

Kein Generation Bashing hier, das haben wir auf LinkedIn schon durchgespielt… Fakt ist: Wir haben die verschiedensten Generationen auf dem Arbeitsmarkt, die die verschiedensten Anforderungen an uns im Recruiting haben.

Revolutionen in alle Richtungen 

Mehrere Revolutionen gleichzeitig? Das klingt schon anstrengend. Recruiter:innen müssen nicht nur die aktuellen Trends verstehen, sondern auch vorhersehen, wie sich diese entwickeln könnten. Das bedeutet, Recruiting-Strategien müssen flexibler, technischer und empathischer werden. 

Komplexitäten von innen: Organisationsstrukturen bremsen uns aus 

Apropos Recruiting-Strategien – ein weiterer großer Stolperstein liegt in den internen Strukturen der Unternehmen. Häufig agieren Recruiter:innen als Dienstleister für die Fachabteilungen, ohne dabei strategisch eingebunden zu sein. Dieses klassische „Service Center“-Modell muss überwunden werden, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. 

Woher kommt das? In vielen Unternehmen ist HR nach wie vor ein „One face to the customer“ System, in dem HR Business Partner mit den Fachabteilungen sprechen, während die Recruiter:innen im Hintergrund bleiben. Kein Wunder also, dass die Motivation oft fehlt, neue Wege im Recruiting zu gehen.

Die 4 Kompetenzfelder für moderne Recruiting-Organisationen 

Damit sich das ändert, braucht es ein Umdenken und vor allem neue Kompetenzen. Moderne Recruiting-Organisationen müssen heute in vier Schlüsselbereichen fit sein: 

1. Tech- und Datenverständnis 

Hier dreht sich alles um Technologie, Daten und wie man diese effizient einsetzt. Wer im Recruiting erfolgreich sein will, muss wissen, welche Tools und Plattformen zur Verfügung stehen und wie sie effektiv genutzt werden.  

  • Tool- und Techverständnis, Soft- und Hardware
  • Zielgruppenspezifisches Fachwissen 
  • Social Media & Online-Logiken 
  • Analytics und KPIs 
  • Automatisierung & Künstliche Intelligenz

2. Kommunikation & Beziehung 

Recruiter:innen sind heute mehr denn je auch Verkäufer:innen. Sie müssen Kandidat:innen überzeugen, in kurzen Gesprächen eine Beziehung aufbauen und ihre Arbeitgebermarke emotional und authentisch verkaufen. 

  • Vertriebs-Know-how, Kaltakquise und Einwandbehandlung 
  • Storytelling und Pitching 
  • Emotionale und kulturelle Intelligenz 
  • Eignungsdiagnostik
  • Social Media Kompetenzen, wie Tonalität und Plattformverhalten

3. Kreativität 

Recruiter:innen von morgen müssen kreativ sein und neue Ansätze ausprobieren. Im Active Sourcing und Personalmarketing wird es immer wichtiger, Kandidat:innen über ungewöhnliche Wege anzusprechen. 

  • Kreative Nutzung von Technologien und Tools  
  • Netzwerkaufbau und -pflege
  • Kampagnenplanung und -design 

4. Strategisches Denken & Beratungskompetenz 

Moderne Recruiting-Organisationen sollten über ihren Tellerrand hinausschauen und das Recruiting in die Gesamtstrategie des Unternehmens einbetten. So wird aus dem „Service Center“ ein echter Business-Partner.  

  • Employer Branding 
  • Unternehmensstrategie verstehen und anwenden 
  • Stakeholder-Management
  • Projektmanagement 

Empathie & Technologie: Das neue Recruiting-Verständnis 

Was wir aus den vorigen Punkten lesen: Empathie und Technologie müssen für ein zukunftsfähiges Recruiting Hand in Hand gehen.

Doch wie stelle ich sicher, dass ich alle wichtigen Kompetenzen im Recruiting abdecke? Vor allem in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs), in denen das Recruiting oft nur „nebenher“ läuft, ist das eine echte Herausforderung. 

Ein paar Denkanstöße: 

Bewusstsein schaffen:

Sich in die Bewerber:innen hineinzuversetzen, ist der erste Schritt. Bewerbungen sind für viele eine ernste Angelegenheit, keine Nebensache. Dieses Verständnis sollte auch im Unternehmen verankert werden. 

Ehrliche Kommunikation:

Auch wenn Prozesse mal etwas länger dauern, Ehrlichkeit und Offenheit sind entscheidend. Eine einfache, aber ehrliche Eingangsbestätigung per E-Mail kann Wunder wirken. 

Recruiting braucht ein Umdenken 

Das Recruiting der Zukunft erfordert ein neues Mindset, neue Technologien und vor allem eine starke strategische Ausrichtung. Recruiting ist heute komplexer denn je, und die Anforderungen steigen stetig. Wer jetzt nicht auf den Zug aufspringt, läuft Gefahr, abgehängt zu werden. Doch mit den richtigen Ansätzen und einem klaren Plan können auch kleine Unternehmen im Wettlauf um die besten Talente mithalten. 

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