Seit Monaten kursieren auf LinkedIn und in anderen Netzwerken teils alarmierende, teils panikmachende Posts: Ab 2026 sollen angeblich alle Unternehmen das Gehalt in ihren Stellenanzeigen angeben müssen. Doch keine Sorge – es gibt keinen Grund zur Panik. Ja, die EU hat eine neue Entgelttransparenzrichtlinie verabschiedet, die Arbeitgeber zu mehr Gehaltstransparenz im Bewerbungsprozess verpflichtet. Aber diese Regelungen zielen vor allem darauf ab, für mehr Fairness, Gleichbehandlung und Vertrauen am Arbeitsmarkt zu sorgen – klingt doch gar nicht schlecht, oder?
In diesem Beitrag werfen wir einen genauen Blick auf die Entgelttransparenzrichtlinie, was sie für Unternehmen und Bewerber:innen bedeutet und wie sich alle optimal auf die kommenden Anforderungen vorbereiten können.
Disclaimer: Die Infos in diesem Artikel stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen auch keine individuelle Beratung durch eine Anwältin oder einen Anwalt. Wir haben euch zu allgemeinen Informationszwecken verschiedene Quellen zusammengetragen und können keine spezifischen rechtlichen Fragen oder Probleme abdecken. Wenn du rechtlichen Rat für die individuelle Situation eures Unternehmens brauchst, solltest du dir eine qualifizierte Rechtsberatung einholen.
Die Entgelttransparenzrichtlinie im Überblick
Die EU hat die Entgelttransparenzrichtlinie verabschiedet, um das Prinzip der „Equal Pay for Equal Work“ endlich in die Tat umzusetzen. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Bezahlung soll auf diesem Weg endgültig ein Ende finden. Für Unternehmen heißt das vor allem: Gehaltsspannen und Gehaltsstrukturen müssen offen kommuniziert werden. Aber wie genau?
Gesetzestexte sind oft schwer verständlich, ellenlang verschachtelt und ab und zu bewusst vage gehalten. Wir haben hier für euch versucht, das Ganze verständlich zu formulieren und zu entwirren. Klar ist: Die neuen Anforderungen besagen, dass Arbeitgeber mehr Transparenz schaffen müssen – aber was Transparenz im Detail bedeutet, lässt das Gesetz offen. Wichtige Fragen, wie was genau unter „klaren Gehaltsangaben“ oder „Gehaltsstrukturen“ zu verstehen ist, bleiben unbeantwortet. Aber wir sehen das als Chance: Es gibt Gehaltsangaben und es gibt Gehaltsangaben. Wenn wir zu unseren Nachbar:innen in Österreich blicken, wo Gehaltsspannen bereits weit verbreitet sind, erkennen wir den Unterschied. Also, traut euch, liebe Arbeitgeber, und seid wirklich transparent!
Was verlangt das Gesetz konkret?
Der Gesetzestext legt fest, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden verpflichtend Gehaltsinformationen offenlegen müssen – und zwar nicht nur auf Nachfrage, sondern proaktiv im Recruiting-Prozess. Das Ziel: Bewerber:innen sollen bereits in der Stellenanzeige oder spätestens vor dem ersten Gespräch wissen, was sie erwartet. Transparente Gehaltsangaben sollen ermöglichen, dass Bewerber:innen informierte Entscheidungen treffen und realistisch verhandeln können.
Pflichten für Arbeitgeber: Was muss bis 2026 transparent gemacht werden?
Es gibt einige Anforderungen, die Unternehmen beachten müssen. Hier die wichtigsten Punkte:
1. Gehaltsangaben im Bewerbungsprozess
Arbeitgeber müssen schon vor dem ersten Kennenlerngespräch klare Gehaltsangaben machen. Dies kann über Gehaltsspannen in der Stellenausschreibung geschehen oder durch direkte Kommunikation mit den Bewerbenden vor dem Kennenlernen. Das Ziel: transparente und faire Verhandlungen.
2. Offenlegung im Kennenlerngespräch
Im Kennenlerngespräch müssen Arbeitgeber nicht nur das Gehalt der ausgeschriebenen Position, sondern auch die generelle Gehaltsstruktur im Unternehmen transparent machen. So können Bewerber:innen abschätzen, wie die Gehaltsverteilung im Unternehmen aussieht.
3. Gehaltsinformationen für bestehende Mitarbeitende
Mitarbeitende können Zugang zu Gehaltsinformationen von Kolleg:innen in vergleichbaren Positionen erhalten, um die Fairness der eigenen Bezahlung zu überprüfen.
4. Was bedeutet „klare Gehaltsangaben“?
Auch wenn die Richtlinie einiges klärt, gibt es Spielraum: Was genau als „klare Gehaltsangaben“ oder „Gehaltsstruktur“ gilt, ist im Detail noch nicht abschließend definiert.
Arbeitnehmerrechte: Mehr Klarheit und eine bessere Verhandlungsposition
Für Arbeitnehmer:innen bringt das neue Gesetz viele Vorteile. Wer sich auf eine Stelle bewirbt oder in einem Unternehmen angestellt ist, kann Gehaltsinformationen verlangen und erhält so eine starke Verhandlungsbasis. Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen können so leicht feststellen, ob sie fair bezahlt werden und ob Unterschiede bestehen, die auf Geschlechterdiskriminierung oder andere Ungleichbehandlungen zurückzuführen sind.
Das Gesetz stärkt also die Rechte der Arbeitnehmenden und fördert gleichzeitig eine offene Gehaltskultur im Unternehmen. Die neue Transparenz schafft die Möglichkeit, Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen zu reduzieren und langfristig gerechte Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Chancen und Herausforderungen für Unternehmen
Gehaltstransparenz zu fördern ist nicht nur mit Aufwand verbunden – es bringt auch einige Chancen mit sich. Ein transparenter Umgang mit Gehältern kann das Vertrauen der Mitarbeitenden in die Unternehmensführung stärken und das Employer Branding erheblich verbessern. Ein solcher Schritt zur Fairness und Offenheit kommt besonders gut an in Zeiten des Fachkräftemangels und der wachsenden Bedeutung von Werten im Arbeitsleben.
Chancen
1. Stärkung der Arbeitgebermarke
Unternehmen, die ihre Gehaltsstrukturen transparent gestalten, gelten als fair und vertrauenswürdig. Wer schon einmal auf LinkedIn nach Österreich geschaut hat, weiß, dass Gehaltstransparenz nicht das Ende der Welt ist. Traut euch, liebe Arbeitgeber, und seid ehrlich!
2. Erhöhung der Mitarbeitendenzufriedenheit
Mitarbeitende fühlen sich stärker an das Unternehmen gebunden, wenn sie wissen, dass sie fair und offen entlohnt werden. Die Fluktuation sinkt und das Recruiting-Team kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.
3. Förderung der Gleichstellung
Transparenz kann dazu beitragen, Lohnungleichheiten und versteckte Vorurteile zu beseitigen. Und wer weiß, vielleicht zieht ihr mit einer offenen Gehaltskultur genau die Kandidat:innen an, die eure Kultur prägen wollen.
Herausforderungen
Natürlich ist nicht alles rosig. Gerade in Unternehmen, in denen die Gehälter stark variieren, kann Transparenz zu internen Konflikten führen. Wenn Mitarbeitende erstmals erfahren, wie groß die Unterschiede zwischen vergleichbaren Positionen sind, kann es Spannungen geben. Auch der Datenschutz ist ein Thema: Gehaltsdaten sind sensibel, und Unternehmen müssen sicherstellen, dass persönliche Informationen nur im rechtlichen Rahmen zugänglich sind.
Vorbereitungen für Unternehmen: So gelingt der Start in die Gehaltstransparenz
Für viele Unternehmen bedeutet die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie eine große Veränderung. Wer sich rechtzeitig vorbereitet, kann jedoch das Beste daraus machen. Hier einige Tipps, um gut auf das Jahr 2026 vorbereitet zu sein:
1. Überprüfung der aktuellen Gehaltsstrukturen
Überprüft eure internen Gehaltsstrukturen. Gibt es Unterschiede, die sich nicht rechtfertigen lassen? Falls nötig, können Anpassungen vorgenommen werden, um Fairness zu gewährleisten.
2. Anpassung interner Strukturen
Einige Unternehmen müssen ihre Gehaltsmodelle umstrukturieren, was strategisch und administrativ eine Herausforderung ist. Doch diese Anpassungen schaffen klare Grundlagen für die zukünftige Transparenz.
3. Schulung der HR-Teams
Bereitet eure HR-Teams und Führungskräfte auf die neuen Transparenzanforderungen vor. Kommunikationstraining und Wissen zur rechtlichen Umsetzung der Richtlinie sind wichtig, um alle Anforderungen zu erfüllen.
4. Datenschutz und Vertraulichkeit
Trotz aller Transparenz müssen sensible Informationen geschützt werden. Klärt ab, welche Informationen genau kommuniziert werden müssen und wie ihr den Datenschutz sicherstellt.
5. Anpassung der Stellenanzeigen
Unternehmen können bereits vor 2026 damit beginnen, Gehaltsspannen in Stellenanzeigen aufzunehmen. Das schafft Vertrauen bei Bewerber:innen und ermöglicht es dem Recruiting-Team, sich frühzeitig auf die neue Gesetzeslage einzustellen.
6. Offene Kommunikation
Transparenz bedeutet nicht nur, Zahlen offenzulegen, sondern auch klar und offen über die Änderungen zu kommunizieren. So können interne Konflikte vermieden werden und Mitarbeitende fühlen sich abgeholt.
Gehaltstransparenz – Fairness für Alle?
Mit der neuen EU-Entgelttransparenzrichtlinie wird Gehaltstransparenz in Unternehmen ab 2026 zur neuen Normalität. Dies ist ein entscheidender Schritt zu mehr Fairness und Vertrauen. Unternehmen, die sich frühzeitig an die neuen Vorgaben anpassen, können von zufriedeneren Mitarbeiter:innen, einer gestärkten Arbeitgebermarke und einer höheren Mitarbeitermotivation profitieren.
Für Arbeitnehmende bedeutet das neue Gesetz eine starke Verhandlungsposition und mehr Klarheit über die eigene Bezahlung. Transparenz und Fairness werden zum Standard – eine Entwicklung, die uns alle zu einem gerechteren Arbeitsumfeld führt. Nutzt die Gelegenheit, liebe Unternehmen, und macht Gehaltstransparenz zu einem Teil eurer Unternehmenskultur!