Was sind KPIs?
KPIs – Wikipedia sagt das sind Key Performance Indikator – ganz einfach oder? Also Kennzahlen, mit denen die Leistung von Aktivitäten in Unternehmen ermittelt werden. Für mich persönlich waren KPIs im Sourcing ein sehr präsentes Thema auf allen Recruiting-Konferenzen, HR-Meetups oder Gesprächen im letzten Jahr.
Dass die Dinger also ein bisschen Relevanz haben, ist wohl eindeutig. Und spätestens seit den beiden Artikeln zu den Recruiting-Trends 2020 von Henner oder Tim nimmt das auch für mich nochmals Fahrt für das anstehende Jahr auf.
Ich persönlich war lange kein Freund von KPIs. Ja, sogar ein gebrandmarktes Kind.
Dieses Trauma kommt durch meine Zeit im Direktvertrieb bei der AOK Bayern. Ja, Vertrieb. Kennzahlen am Freitag gemeinsam mit dem Bereichsleiter definieren, am Montag mit dem Teamleiter besprechen, am Freitag wieder „antanzen“ und das Ganze wieder von vorne. Besprechen, Rechtfertigen, Ausführen, Besprechen, Rechtfertigen, … Meine Kennzahlen damals, sorry liebe AOK, waren tatsächlich eher Quark. Sie waren weder positiv formuliert, noch motivierend für mich persönlich und auch überhaupt nicht vergleichbar zu anderen im Team. (Offtopic: Aber ich hatte erst letztens ein super geniales Gespräch mit einem Geschäftsführer zum Thema Vertrieb. Hier ist etwas wichtiges für mich hängengeblieben: Vertrieb ist nicht gleich Vertrieb. Eben wie Recruiting/Sourcing nicht gleich Recruiting/Sourcing ist.)
Seit dieser Zeit – und ein paar tieferen Einblicken in OKRs – habe ich einen anderen Blick auf KPIs.
Für mich persönlich müssen Kennzahlen in erster Linie meine Arbeit unterstützen und bereichern. Nicht einschüchtern oder sogar lähmen. Ich will aus Analytics herauslesen können, wo ich mich noch verbessern kann, wo evtl. ein Bottle Neck ist oder einfach nur sehen, wo es gut läuft. Nur so kann ich mich, Schnittstellen oder auch Prozesse verbessern.
Wie sind hier eure Erfahrungen mit KPIs? Vielleicht auch außerhalb vom Recruiting? Lasst es mich im Social Media Feed oder hier in den Kommentaren wissen.
Long story short: Ich habe irgendwann meinen Seelenfrieden mit KPIs geschlossen. Weil ich gesehen habe, wie sie die tägliche Arbeit positiv beeinflussen können. Dazu aber gleich mehr.
Voraussetzungen für KPIs im Sourcing
Ihr kennt uns, wir sind keine großen Philosophen, sondern eher praktisch veranlagt. Deshalb schwafeln wir hier nicht lange rum sondern geben kurz ein paar praktische Empfehlungen.
Bevor ihr über KPIs im Sourcing sprecht, müsst ihr euch unbedingt die Rahmenbedingungen anschauen, unter denen ein Sourcer arbeitet. Ohne dieses Know-how ist alles hinfällig. Sonst fährt das Thema buchstäblich mit 200 Sachen gegen die Wand.
Das bedeutet ganz kurz, auf einen Satz heruntergebrochen:
Verstehen ALLE am Prozess Beteiligten, was passiert, wenn ihr Sourcing einführt und für das Unternehmen betreibt?
Wenn ihr diese Frage mit JA beantworten könnt – let’s go! =)
Was sind sonst Rahmenbedingungen, die ihr beachten könnt?
- Tools und Plattformen der Recruiter
Arbeitet ihr mit Bezahltools wie dem XING Talent Manager oder dem LinkedIn Recruiter? - Wieviel Ressourcen (im Sinne von Arbeitszeit) kann der Recruiter/Sourcer für den Ident aufbringen?
- Wie gut ist die Vorarbeit für die zu sourcenden Profile? Habt ihr Sourcing Personas erarbeitet?
- Besteht ein direkter Austausch mit dem Auftraggeber (Fachbereich oder Kunde)?
Hier gilt nämlich leider auch: Shit in – Shit out (Sorry für die vulgäre Sprache)! - Wie steht es um die Arbeitgebermarke und Markenbekanntheit des Arbeitgebers/Kunden?
- Ist das Produkt oder Projekt für das ihr sourced sexy?
- Für welchen Standort und/oder für welche Industrie/Branche rekrutiert ihr?
- Wie sieht es mit der Teamgröße und -struktur aus? Wie wird es mit der Transparenz gehalten?
Und das sind nur ein paar Rahmenbedingungen, die ihr in eure nackte Betrachtung der Zahlen einfließen lassen könnt, ja, solltet.
Beispiele von KPIs im Sourcing
Was sind aber nun relevante bzw. interessante KPIs für das Sourcing. Fleißige Leser wissen, mit Sourcing meine ich die Prozessschritte der:
Identifikation – Ansprache – Halten/Poolen von Kandidaten.
Der für mich wichtigste KPI war immer folgender.
1. Erfolgsquoten
Anzahl der Kandidaten, die vom Fachbereich „akzeptiert“ werden.
Da ist Schritt 1 für mich zu messen, wie viele gesourcte Profile bekommen ein „Ja, den wollen wir kennenlernen!“
Später kann dann sicherlich in einem Schritt 2 gemessen werden, wie viele gesourcte Profile auch ein Vertragsangebot oder gar eine Unterschrift bekommen. An diesen Entscheidungspunkten hat aber der Sourcer häufig keinen Einfluss mehr. Deshalb für mich tatsächlich häufig die nicht so spannende Kennzahl.
Was macht nun für mich, sonst Sinn zu messen?
Hier findet ihr mal meinen persönlichen Sourcing-Funnel, den ich bzw. wir im Team bei Die Grüne 3 auswerten:
Der komplette Funnel wird bei uns dann pro Portal/Quelle, Projekt und Sourcer getrackt.
Damit zeigen sich Bootle-Necks und Probleme im Prozess. Doch dieser Funnel macht auch für den Sourcer selbst Sinn, um sich persönlich weiterzuentwickeln.
Wenn eure Response-Rate schlecht ist, was könnt ihr verbessern? Habt ihr vielleicht zu wenig Zeit, um euer Anschreiben zu formulieren? Habt ihr eventuell nicht den richtigen Trigger für die Zielgruppe? Oder ist vielleicht sogar Sourcing der falsche Recruiting-Kanal in eurem Fall? Braucht ihr noch Hilfe vom Fachbereich?
2. Qualität der Quellen
So könnte dann eine mögliche Auswertung eurer Kennzahlen für ein Sourcing-Projekt aussehen:
- Identifizierte Kandidaten pro Kanal
- Ansprache pro Kanal
- Reminder pro Kanal
- Rückmeldequote pro Kanal (pro Reminder)
- CVs/Gespräche/Telefoninterviews pro Kanal
- Einladungen zum Vorstellungsgespräch pro Kanal
- Vertragsangebote pro Kanal
- Einstellungen pro Kanal
- Ganz abgefahren: Leistungsbeurteilung pro Kanal 😉
Also, wie performen die von euch gesourcten und eingestellten Mitarbeiter nach 3, 6 oder 12 Monaten?
Zusätzlich zu direkten Verbesserungen eurer Sourcing-Arbeit machen diese Zahlen Sinn, um einen ROI pro Kanal zu bestimmen. Das kann für Vertragsverhandlungen mit den Anbietern von Bezahltools interessant sein. Ka-Ching!
3. Personal Brand nicht vergessen!
Zusätzlich habe ich immer noch gemessen, was für mich MEEEGA wichtig war!!!
Wie wächst das Netzwerk des Sourcer?
- Anzahl der Kontakte auf den Netzwerken/Portalen
- Aufbau eines Talentpools
Vergrößern sich die Pools? Wie ist die Response-Rate auf Mails an den Talent-Pool? (Passive Sourcing-Aktivitäten wie Mailings oder Posts – in Verbindung mit bit.ly sicherlich schön auszuwerten) 😉
- Meldet sich jemand aus den Pools aus passiven Maßnahmen (z. B. Posts in Social Media)? Wie häufig und mit welchen Folgen?
Ihr seht, man kann extrem divers und viele KPIs messen. Man kann sich auch wirklich zu Tode messen 😉
Was deshalb immer sinnvoll ist: Macht eine Bestandsaufnahme. Ermittelt die IST-Situation, setzt euch daran Ziele, die ihr beeinflussen könnt und challenged eure KPIs daran!
Wie DSGVO-konform messen?
Jetzt seid ihr dran!
Was messt ihr denn gerade wie im Sourcing?
In Excel-Listen? Im Tool, wie dem XTM oder dem LinkedIn Recruiter?
Würdet ihr euch dafür ein Tool wünschen?
Dann seid gespannt und stay tuned: Wir arbeiten gerade an so einem Tool =) (Das noch ein paar zusätzliche Features hat ;-))
Wer mehr wissen will – schreibt mir einfach! Launch wird Mai 2022 sein 😉
Sprecht uns gerne an: hallo@diegruene3.de
In diesem Sinne – Captain KPI sagt Tschüsseldorf und mach’s gut, Knut!
Jan
Sehr guter Artikel. Danke Jan!
Beim letzten Personaldienstleister, wo ich Geschäftsführer war, konnten wir weder auf das ATS noch auf den LinkedIn Recruiter abstellen, um für uns geeignete Parameter zu messen. Wir entwickelten ein eigenes System, das wir mit Excel so weit wie möglich mit Makros automatisierten. Am Schluss war es ein mächtiges Instrument. Ich weiss, das ist nicht gerade State-of-the-Art. Eigentlich müsste es ja ein ATS ermöglichen. Da hinken aber auch heute noch viele Tools dem Marktbedarf hinten nach.
Die Consultants waren dafür zuständig, die Pipeline mit ausreichend Aufträgen zu füllen. Das potenzielle Auftragsvolumen wurde mit Wahrscheinlichkeiten für die effektive Vergabe durchgerechnet. Daraus leiteten wir das entsprechende realistische Sourcing-Volumen fürs Recruiter-Team ab. Der Fokus war auf die Personalvermittlung, also das Feststellengeschäft, gerichtet. Wir setzten primär auf folgende Indikatoren:
– Sourcing Aufwand nach Tätigkeiten
– Interviews (intern, nicht beim Kunden)
– versandte Kandidatendossiers
– Vorstellungsgespräche
– Ausstehende Feedbacks nach VG / Dossiers bei Kunden
Es mögen sehr klassische Indikatoren sein. Qualität und Kosten sind nicht berücksichtigt. In der typischen Vermittlung ist aber letztlich Volumen alles. Stimmt es oben im Trichter nicht, werden viel zu wenige Aufträge erfolgreich abgeschlossen.
Wir massen die Soll/Ist-Differenz und verfolgten mit jedem einzelnen Consultant bzw. Recruiter die Abweichungen wöchentlich ein- bis zweimal. Mit der Zeit konnten verschiedene Teilprozesse besser aufeinander abgestimmt werden. Der Erfassungsaufwand nahm ab. Consultants und Recruiter verstanden die Mechanismen besser. Die Abschlussquote stieg. Somit war das wichtigste Ziel dieses KPI-Systems erfüllt.
Hi Marc,
VIELEN Dank für die ausführliche Antwort, Deine Ergänzungen und auch die Insights!
Extrem spannend.
Wird Zeit das wir uns mal wieder sehen.
Grüße
Jan
Hi Jan
Sehr gut. Zahlen sind wichtig. Dein Beispiel eignet sich hervorragend als Anschauungsunterricht. Ich bin gespannt auf dein Tool!
Frage: wie handhabt ihr es dahin, euren Funnel abzubilden, damit all diesen Ansprüchen Rechnung getragen wird?
Rock it mein Lieber
Michel
Hey Michel,
immer meeega von dir zu hören!
DANKE für Dein Feedback – tut gut!
Derzeit ist es noch sehr viel „Improvisation“ =) Excel mit Macros, Funnels auf XING / LinkedIn, ein bisschen verbotenes ;-).
Leider noch nichts optimales.
Hoffentlich hilft da unser Tool dann schnell. Das wird zum Start auch noch nicht bei 110% sein, aber viele unnötige Arbeit erleichtern und die Auswertung zentralisieren.
Bis hoffentlich bald – in diesem Real-Life 😉
Jan