Tinder Ada Lovelace

Man könnte es eine schräge Idee nennen oder auch einfach ganz normalen BFFT Alltag. Aber egal wie man es bezeichnen will, Fakt ist, dass es funktioniert. Die Suche nach einem Partner fürs Leben ist oftmals gar nicht so weit weg von der Jobsuche. Wobei vermutlich die wenigsten Singles auf die Idee kämen anstelle eines Stellenangebotes eine Partnersuche auf Stepstone einzustellen. Umgekehrt sieht es allerdings anders aus. Warum nicht auf einer Dating Plattform nach potentiellen Kandidaten suchen, bzw. diese ansprechen. Warum nicht die angesagteste Dating App für die Suche nach IT Experten verwenden?
Der heutige Post ist ein kleiner Gastbeitrag auf der grünen 3, die nun mal wieder ein wenig angeschoben werden wird. Mit der Tinder-Job-Aktion haben die BFFT Jungs aber wirklich mal wieder einen raus gehauen. Anders lässt sich diese Idee gar nicht beschreiben. Aus dem Hause BFFT sind wir doch einiges gewöhnt, aber hier wird nochmals bewiesen, dass Sourcing Maschinen eben doch kreativ denken können müssen – der Umberto in Reinform.
Aber tauchen wir ab in die Welt der Ideen und Gedanken eines innovativen Recruitings. Bevor eine solche Idee umgesetzt wird, werden die Netzwerke stets bis ins Detail von den Jungs sprichwörtlich auseinandergenommen. Da darf kein Programmierstein mehr auf dem anderen bleiben; jede Funktion wird auf ihre Beschaffenheit hin analysiert.

Tinder Inside

Hierzu wurden als erstes eigene Profile angelegt. Dabei wurde schnell klar, dass das Unterfangen nicht ganz so trivial war wie eingangs vermutet. Denn Tinder lässt lediglich ein Profil je Facebook Login zu und merkt sich dies selbst dann, wenn man die App vom Telefon gelöscht hat. Um tatsächlich ein anderes Profil auf Tinder zu eröffnen, muss man das Telefon Resetten und von Null anfangen. Einfach zwischen mehreren Accounts zu switchen, wie man es etwa von Twitter gewohnt ist, war nicht möglich. Was allerdings mit der sogenannten Pro Version möglich ist, ist das simulieren eines Standortes. In der Regel bekomme ich lediglich Bilder von Damen in meiner Umgebung angezeigt. Mit einem Pro Account kann ich mich auch von München nach Hamburg verfrachten und mir die dortigen Tinderianer ansehen. Eine wirklich interessante Funktion, wenn man über das Recruiting via Tinder nachdenkt. Damit konnten die Jungs auch verschiedene Städte miteinander vergleichen und es stellte sich tatsächlich ein unterschiedliches Tinder-Verhalten je Stadt heraus. So wohnen in Berlin eher die nachmittags Tinderer wohingegen die Ingolstädter es liebten vormittags zu tindern.

Reaktionen

Nachdem die Funktionen der Dating App hinreichend analysiert waren, wurden unterschiedlichste Szenarien getestet, um mehr darüber zu erfahren, was die Zielgruppen auf Tinder ausmachen. Wie ticken sie und was führt sie auf dieses Netzwerk.
Dazu wurde das Swipeverhalten je nach eingestelltem Foto analysiert. Schnell stellte sich heraus, dass Sport Bilder gut ankamen und Grimassen. Gerade letztere wurden häufig positiv geswipet, da diese Bilder Humor erahnen ließen, wie sich im Nachgang herausstellte. Unterschiedliche Ansprachen wurden anschließend ebenfalls getestet. Hierzu muss man wissen, dass Tinder mit einer enormen Geschwindigkeit besticht. Bei erfolgtem Match – d.h. zwei Personen haben sich gegenseitig positiv geswipet – öffnet sich im Handumdrehen ein Chatfenster zur direkten Kontaktaufnahme. Bei Antworten, die eher indirekter formuliert waren und nicht direkt zum Punkt der körperlichen Nähe führten, fühlten sich die Damen deutlich herausgeforderter. Eine gewisse Spannung lag in der digitalen Luft und machte einen großen Teil des Reizes aus.

Echte Insights

Übrigens haben die Jungs bei positiven Swipes stets mit offenen Karten gespielt und kommuniziert, dass es sich bei ihren Accounts um Feldversuche handelte. Ziel war es stets ein Interview zu ergattern, um tiefer gehende Informationen vor allem zur Motivation zu erhalten. Aussage war, dass es sich bei Tinder vor allem um einen Zeitvertreib handle. Dass viele Reaktionen auch während der Arbeitszeit erfolgten, komplementierte das Bild. Die Interviews bestätigten zudem, dass der visuelle Eindruck zählt. Denn obwohl man jedem Foto auch eine erklärenden Text hinzufügen kann, wurde dieser meist nicht gesehen. Was zudem noch auffällig war, dass die meisten Matches möglichst schnell in ein anderes Netzwerk zum weiteren Chatten wechseln wollten. Ein Manko der Datingplattform ist scheinbar eine eher mittelalterliche Chatfunktion.
Obendrein entdeckte Jan dann, dass sich nicht nur Menschen mit Menschen swipten, sondern Menschen auch Essen swipten und swipen. Fotos von Bacon oder Pizza wurde von Liebhabern positiv geswipet, um diese Zuneigung zum Ausdruck zu bringen. Ein essentiell wichtiger Insight, der sich später noch als gewinnbringend herausstellen sollte.

Im zweiten Schritt wurde die reale Zielgruppe befragt

Nachdem Tinder als Netzwerk und Dating App untersucht worden war und sie einige Interviews im Kasten hatten, konzentrierten sich Jan und Tobi in der zweiten Phase ihres Feldversuches auf reale Exemplare ihrer Zielgruppe: echte ITler. Zum einen wollten sie wissen, inwiefern Tinder in der Zielgruppe bekannt ist und zum anderen wie es genutzt wird. Darüber hinaus fehlte es noch an einem Anwendungsszenario im Sinne des Recruitings. Intensiv wurde diskutiert, was die Zielgruppe wohl ansprechen könnte. Als Ergebnis kamen Sie auf die Idee “I love C++” als Account anzulegen und darüber hinaus einen Account Namens “Ada Lovelace”. Ada Lovelace (Augusta Ada Byron King, Countess of Lovelace) http://de.wikipedia.org/wiki/Ada_Lovelace gilt als die erste Programmiererin der Welt – geboren 10. Dezember 1815 in London. Zwei Accounts, die mit Sicherheit lediglich von der Zielgruppe positiv geswipet werden würden. Ein meiner Meinung nach genialer Streich, der eine enorm fokussierte Ansprache versprach.

Das Ergebnis

Die Geschwindigkeit von Tinder zeigte sich als nachhaltig beeindruckend. Binnen der ersten 10 Minuten nach GoLive des Ada Lovelace Accounts, hatten die beiden Herren bereits 45 positive swipes. Da ein einseitiger positiver Swipe zur Folge hat, dass man selbst mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit bei seinem Gegenüber ebenfalls als Vorschlag auftaucht, durfte Ada aus dem vollen IT Pool fischen. Die positiven Swipes tauchten natürlich dann nach und nach in ihrer Auswahl auf. Jan und Tobi konnten einige Interviews führen und auch etliche Kandidaten via Xing in ihr Netzwerk aufnehmen. Die Idee wurde stets als äußerst positiv wahrgenommen und zahlte somit obendrein auf das Arbeitgeberimage ein. Hoch effektives Recruiting gepaart mit einem aufwerten der Arbeitgebermarke – besser gehts wohl kaum.
Der Account wurde dann leider durch die Plattform gesperrt. Da es sich um keine natürliche Person handelte, kann man diese Reaktion wohl nachvollziehen.
Was bei dieser Feldstudie übrigens ebenfalls auffiel, war eine erstaunlich enge Verknüpfung von Facebook und Tinder. So wurden den beiden Herren nach einiger Zeit auch entsprechende Damen auf Facebook als mögliche Freunde vorgeschlagen.

Hut ab, vor dieser genialen Idee und dem Mut, diese auch umzusetzen.

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